Maple Leaf Modellers

 

Deutsch-Kanadischer Plastikmodellbauclub

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Baubericht Junkers Ju 287 V1 (Huma 1/72)

 Baubericht zu Flettner Fl 265 in 1/72 (Airmodel Kit 318)

Baubericht zu Blohm &Voss BV 144 in 1/72

Baubericht Horchgerät und Elaskop

Baubericht Junkers F 13 W See-Verkehrsflugzeug (Nr. 04213 in 1/72 von Revell):

 

Gerd Busse

Baubericht Junkers Ju 287 V1 (Huma 1/72)

Historie

Der Prototyp Ju 287 V1 beruhte auf einem pragmatischen Ansatz zur Erprobung einerschweren Düsenmaschine mit vorwärts gepfeilten Tragflächen und einer neuartigenAufhängung der vier Turbinen. Um schnell zu einem Erprobungsträger zu kommen, wurden Rumpfsegmente zweiernterschiedlicher Flugzeuge aneinander gestückelt: Vorne He 177, Rumpfheck mit Leitwerk von der Ju 388. Da die Querschnitte unterschiedlich waren, wurde ein Übergangsstück eingesetzt, das in der Rumpfkontur von oben gesehen einen gut sichtbaren S-Schlag hat, der charakteristisch für die Ju 287 V1 ist. Der Erstflug erfolgte am 16.8.44 in Brandis bei Leipzig. Nach 16 Flügen fand die weitere Erprobung in Rechlin statt, und zwar ohne Bugfahrwerks- verkleidung, aber zeitweilig mit Wollfäden auf den Oberflächen zur Untersuchung der Strömungsverhältnisse mit einer Kamera.

Modell

Wer ein Modell dieses futuristisch aussehenden Flugzeugs bauen möchte, könnte auf die Idee kommen, den Rumpf wie beim Original aus den Bausätzen von He 177 und Ju 388 zu stückeln. Diese plausible Überlegung wurde sehr bald verworfen. So blieb nur das Modell von Huma übrig, das schon einige Zeit auf dem Markt ist. Wer gerne teure Bausätze mit der Laubsäge bearbeitet, kann sich hier entfalten.Nun zu den Etappen des ungewöhnlich mühsamen Weges zum fertigen und besseren Modell. 

Rumpf

Basierend auf einer Rumpflänge von 18,30 m sollte der Rumpf des Modells 25,42 cm lang sein. Er ist aber deutlich länger, anscheinend auf eine andere Rumpflänge bezogen. Da die Tragfläche 9,2 cm von vorne beginnen soll, ist die Rumpfkürzung entsprechend zu planen: 5,5 mm vor den Tragflächen und 9,5 mm dahinter.

Außerdem ist der Rumpf um 1,2 mm zu dick, das ist von der Seite her nicht zu übersehen. Die nötige Verschlankung ließ sich durch Heraustrennen schmaler Längsstreifen zu erreichen. Der Rumpf wurde aber noch weiter zersägt: Der erwähnte S-Schlag wird leider in vielen späteren Zeichnungen begradigt, an denen sich Huma vermutlich orientiert hat. Dieser Fehler sollte beim Bau dieses Modells ebenfalls behoben werden. Das geht natürlich nicht mehr am fertigen Rumpf, sondern nur vor dem Zusammenbau als Radikallösung an den beiden Rumpfhälften: Hinten wurden insgesamt 7 seitliche Einschnitte eingebracht, dann wurde die unbeschädigte Rumpfseite als Scharnier zum Ein- und Ausklappen der einzelnen Segmente verwendet. Die richtige Rumpfkontur wird unter Abzug der Wandstärke auf Sperrholz übertragen und in die Rumpfinnenseite mit Epoxidharz eingeklebt. Die dabei nach innen gezogenen Rumpfschalenbereiche ragen nun über die Mitte hinaus, sie werden abgeschnitten. Das ist eine sehr aufwändige Prozedur, es passt auch nicht gleich alles zusammen, und es ist viel Spachtelarbeit erforderlich. Die dicken Spachtelschichten sollte man nicht zu früh glatt schleifen, denn beim Trocknen entstehen immer wieder Einfallstellen. Erst nach einer Trockenzeit von 2 Monaten war in diesem Fall eine bleibende glatte Oberfläche erreicht.

 

Dieser Aktion fallen viele Gravuren zum Opfer. Das macht nichts, denn sie sind ohnehin unrealistisch breit und teilweise falsch. Sie wurden überall mit Wachs zugespachtelt. Das Seitenleitwerk wurde durch eines aus dem Bausatz der Ju 388 ersetzt und das Ruder abgetrennt. Die Teilung der Höhenflosse erleichterte die Montage am fertigen Rumpf. Die Struktur hinter dem Spornrad ist vermutlich der Schnellablass wie bei der Ju 88.

Leitwerkskomponenten. Ruder freigestellt. Reparaturstellen in RLM 02 wurden gemäß Photos angebracht.

Eine gutes Seitenfoto des Originals zeigte: Die Fenster hinter dem Cockpit und auch das kreisförmige Fenster sind im Modell wesentlich zu klein, sie wurden durch Feilen vergrößert. Die Einstiegsluke endet unter dem geschlossenen Boden des Cockpits. Da die Luke geöffnet dargestellt werden sollte, wurde der Kabinenboden entsprechend eingeschnitten. Das gut einsehbare Cockpit wurde ähnlich einer He 177 neu gefertigt, die Instrumente teilweise mit Kabeln ergänzt, die von außen gut zu sehen sind.

Fertige Baugruppen für das Cockpit.                                                Cockpit komplett ausgestattet.

Vor dem Zusammenkleben der Rumpfhälften ist an den Ballast zu denken, damit das Modell auf dem Bugfahrwerk steht und sich nicht etwa auf sein Spornrad setzt. Das für das Blei notwendige Volumen findet sich erst hinter dem Cockpit. Wegen des kurzen Hebelarmes ist dann entsprechend mehr Blei fällig.

Tragflächen

Die Tragflächengravuren sind nicht überall richtig. Die Auswertung eines Fotos aus der Produktion der Ju 287 liefert die Panelstruktur auf der Tragflächenoberseite. Ein bekanntes Flugfoto von schräg oben zeigt zugespachtelte Nieten und auch ein nur grundiertes Panel. Ein passend gebohrtes Lochblech als Schablone erlaubt eine schnelle und genaue Lackierung solcher Stellen mit RLM 02.

Das Flugzeug hatte an beiden Tragflächenenden ein Staurohr: Links konventionell, rechts für die Erprobung ein Differentialstaurohr mit Vierfachanordnung. Es wurde aus 0,2 mm Draht gebogen und mit Epoxidharz auf einem 0,5 mm Stab befestigt Die Querruder werden freigestellt und leicht ausgeschlagen dargestellt.

 

        Korrigierte und gemäß Fotos lackierte Tragflächenoberseiten.                           Tragflächen nach der Montage am Rumpf.            Nietenreihen mit Lochschablonenin RLM 02 lackiert.

Fahrwerk

Über die beiden Bugfahrwerksbeine sollte man rechtzeitig nachdenken: Wer sich nicht darauf festlegen möchte, ob sein Modell der Zeit in Brandis oder in Rechlin entsprechen soll, kann Austauschbarkeit einplanen und hierzu in den Bug passende Röhrchen einkleben, in die beide Fahrwerksversion hineinpassen. Oben auf den beiden Verkleidungen („Hosenbeine“) hinter dem Fahrwerksbein befand sich eine einstellbare Verbindungsstange, die die beiden Bugfahrwerke mechanisch koppelte.

Bemalung.

Entgegen der Anleitung besteht die Tarnbemalung ganz sicher nicht nur aus RLM 71 und RLM 65: Zwischen den Turbinen unter den Tragflächen und teilweise unter dem Rumpf war schwarzer Wärmeschutzlack aufgetragen. Darauf befand sich hinter der vorderen rechten Turbine ein Thermo- farbenmuster, das bis etwa an die Hinterkante der rechten Tragfläche reichte. Es wurde nach Fotos auf dem Rechner erstellt und als Abziehbild ausgedruckt, das gilt auch für die Markierung an den Rumpfseiten. Die mit Gunzefarben lackierten Oberflächen wurden vor der Montage des Modells unter kaltem Wasser mit feinem Schleifpapier mattiert und geglättet. Auf den Tragflächen über den Turbinen sind hellere Rechtecke in Nietenreihen zu sehen, außerdem helle Stellen im Bereich einiger Ruderaufhängungen. Möglicherweise wurden hier Verstärkungen oder Reparaturstellen mit RLM 02 überlackiert. Die Lackierung der vier Turbinen ist individuell unterschiedlich.

Fertiges Modell ohne Startraketen (stellt das Original nach der Landung dar), mit Differentialstaurohr und Thermofarbenmuster.

Startraketen

Neben dem fehlerhaften Rumpf sind die völlig falschen Startraketen das zweite große Ärgernis des Bausatzes: Beim Vergleich mit Startraketen auf Fotos fällt auf, dass die im Bausatz viel zu klein sind. Benötigt wird ein Durchmesser von 12 mm. Des Rätsels Lösung findet sich im Nowarra Bd 4 auf S. 121: Die üblichen Startraketen (z.B. für die Ar 234) waren die HWK 109-500, die für 30 sec einen Schub von 500 kp lieferten. Diese hätten der Ju 287 mit ihrer bis zu 20 t Startmasse kaum weitergeholfen. Die mit einem heißen System arbeitende HWK 109-501, die für 30 sec 1500 kp Schub erreichte, wurde in geringer Anzahl hergestellt und nur noch für die Ju 287 verwendet, wobei alle Fotos nur drei Raketen zeigen. Die Raketen des Huma-Bausatzes sind weder zu gebrauchen noch änderbar. Gemäß den bekannten Fotos, die dem Hersteller eigentlich nicht entgangen sein können, ist hier mühsame Eigenfertigung gefordert: Fallschirm aus Knetmasse, Raketenkörper aus Plexiglas, Gurte aus dünner Bleifolie.

Scratchbau der Startrakete HWK 109-501 (links). Größenvergleich zwischen der Startrakete HWK 109-500 des Huma-Bausatzes (rechts oben) und der wesentlich schubstärkeren HWK 109-501 (rechts unten).

Und nun die Ju 287 V1 mit Startraketen und ohne Bugfahrwerksverkleidung (das Fahrwerk ist austauschbar), also so, wie das Flugzeug bei der Erprobung in Rechlin flog.

Die Größe dieses Bombers wird im abschließenden Größenvergleich veranschaulicht (Fahrrad von Diotech, Art. Nr. 7201/1), dieses Mal mit Bugfahrwerksverkleidung, also wie in Brandis.

Fazit

Wer ein vorbildgetreues Modell der Ju 287 V1 haben möchte, verbringt viel Zeit damit, die vom Hersteller verursachten Fehler zu korrigieren. Leider gibt es derzeit keine Alternative zum alten Huma-Bausatz - aber es wäre Zeit, dass jemand ein besseres Modell herausbringt. Bis dahin kann vielleicht dieser Bericht beim Bau eines besseren Modells helfen.

Danksagung

Mein Kollege Prof. Dr. Ulrich Rist hat für mich mit großer Geduld alle Photos zusammengetragen, die als Information für den detailgetreuen Bau des vorgestellten Modells erforderlich waren. Das vorgestellte Ergebnis wäre ohne seine Hilfe nicht erzielt worden.

Dafür danke ich ihm herzlich!

 

 

 Gerd Busse

Baubericht zu Flettner Fl 265 in 1/72 (Airmodel Kit 318)

Original

Der ungewöhnlich aussehende Hubschrauber Flettner Fl 265 mit ineinander kämmenden Rotoren flog erstmals im Mai 1939, und zwar die V1 mit der Kennung D-EFLV. Der Einsatz der sechs gebauten Hubschrauber, die von einem Sh 14 mit nur 160 PS angetrieben wurden, erfolgte probeweise z. B. für schiffsbasierte Aufklärungsflüge und zur Rettung abgeschossener Piloten aus dem Schlauchboot. Das Ergebnis war so überzeugend, dass von dem Nachfolgemodell Fl 282 größere Stückzahlen geordert wurden.

Modell

Der schon betagte Bausatz der Fl 265 von Airmodel in 1/72 stellt eine Mischung der Prototypen V1 und V5 dar. Die Anleitung bezieht sich auf die V1, die auf Fotos aber nur ohne Verkleidungen von Rädern und Streben und auch ohne die Beule unten in der Motorverkleidung zu sehen ist. Mit Beule und mit den Verkleidungen, also dem Bausatzzustand, zeigen Fotos die V5 GI+SB, die als Vorbild für das unten beschriebene Modell gewählt wurde. Es gibt von der V5 zwei aufschlussreiche und für Kor-rekturen sehr hilfreiche Ansichten. Eine zeigt in Draufsicht außer Rotorkopf und Details der Blattauf-hängung auch das Scharnierband auf der Motorverkleidung, den fensterlosen Rumpfrücken und die durchsichtige linke Tür bei konventioneller rechter Tür. Außerdem eignet sich dieses Foto zur Korrek-tur von Fahrwerksstreben und Höhenleitwerk sowie zur Vermessung der beiden darauf angebrachten Balkenkreuze. Das zweite Foto derselben Maschine bestätigt die transparente linke Tür und das vorn liegende angewinkelte Fahrwerk mit der verkleideten Federung.

Die Teile des Bausatzes sind nicht alle ohne Vorbehalt brauchbar. Wenn das Modell vorbildgerecht aussehen soll, ist viel Scratchbau angesagt. Nun zu den Einzelheiten von vorne nach hinten.

Rumpf mit Fahrwerk

Die Löcher in der Motorverkleidung wurden gemäß Fotos eingebracht. Das Klavierbandscharnier wird durch ein 0,2 mm dickes Drahtstück dargestellt. Der zu grob wiedergegebene Motor (Sh 14a) wurde durch einen besseren ersetzt.

Das Fenster im Rumpfrücken gab es bei der V1, aber nicht bei der V5, und im Bausatz ist es ebenfalls nicht vorhanden.

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Links: Motorverkleidung mit Scharnierband, Details der Rotorköpfe, vergrößertes Höhenleitwerk im Vergleich zum ursprünglichen. Rechts: Transparente linke Tür, Zahnräder an Rotorachsen.

Von der einteiligen Cockpitverglasung des Bausatzes wurde nur der gekrümmte, vordere Bereich ver-wendet. Die ebenen Seitenteile entstanden aus dünnem Flachmaterial guter optischer Qualität. Die Cockpitausstattung wird im Eigenbau erstellt, ebenso wie Streben und Seitenfenster. Die V1 flog häu-fig ohne Türen, das wäre für den Piloten der hier dargestellten V5, der auf der Ostsee Erprobung flog, vielleicht zu zugig gewesen. Um trotzdem die gute Sicht nach unten nicht zu verlieren, die für Lan-dungen auf der kleinen Schiffsplattform lebenswichtig war, war bei der GI+SB an der linken Tür auch die untere Hälfte durchsichtig. Die beiden Kennbuchstaben G und I auf dieser Tür hatten zur besseren Erkennbarkeit eine etwa 2cm breite weiße Einfassung. Die Darstellung am Modell erfordert geduldige Feinarbeit: Mit einer feinen Nagelschere wurden zunächst die Buchstaben G und I aus schwarz la-ckierter Abziehbildfolie ausgeschnitten und dann etwa 0,3 mm größer dieselben Buchstaben aus wei-ßer Abziehbildfolie.

Das Höhenleitwerk hat auf der Zeichnung des Bausatzes die richtige Spannweite. Am Modell ist es aber zu klein, darum wird es neu angefertigt.

Das Seitenleitwerk erhält ein Trimmruder. Das deutlich zu kleine Spornrad mit Verkleidung wird durch einen doppelt so großen Scratchbau ersetzt.

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Hauptfahrwerksstreben sowie zu kleines Sporn-fahrwerk aus dem Bausatz und vergrößerte Version.

Das Hauptfahrwerk, das zweckmäßigerweise zuletzt angebracht wird, verdient besondere Erwähnung. Hier wurden nur die Räder mit Verkleidung aus dem Bausatz übernommen, weil sie gut stimmen. Die Verstrebung mit vorbildgerechten Breiten und auch die verkleideten Federbeine entstanden im Scratchbau. Es ist wichtig, dass die obere vordere Strebe von oben gesehen eine Gerade bildet und dass die Federbeine von der Seite gesehen deutlich nach vorne zeigen. Der richtige Winkel des einge-federten Fahrwerks ergab sich aus einem Vorderseitenfoto einer am Boden stehenden Fl 265. Das Modell wurde wie bei Prototypen üblich in RLM 02 (Gunze) lackiert. Passende Abziehbilder entstanden unter Auswertung der Originalfotos in Eigenfertigung. Das Spritdreieck an der linken Rumpfseite stammt aus dem Vorrat.

Rotoren

Statt der zu schmalen Rotorblätter wurden neue aus 4 mm breitem Profilmaterial gefertigt, die Blatt-wurzeln erhielten Bohrungen für 0,5 mm dicken Stahldraht, auf den dünne Röhrchen mit den Details (z.B. Schlaggelenk) gemäß der Draufsicht gesteckt wurden. Die Beulen seitlich am Getriebeturm werden gemäß Foto aus einem entsprechend geschliffenen Gussast hergestellt.

Der Abstand der Rotorachsen ist oben zu klein, die erforderliche Verkippung der Achsen und damit die originalgetreue Drehung der Rotoren wäre so nicht möglich. Der Getriebekopf wurde daher mög-lichst weit seitlich aufgedickt, es fehlt dann aber immer noch 1mm Achsenabstand, was leider dazu führt, dass die Schlaggelenke außen (und nicht innen) an der benachbarten Achse vorbeigeführt wer-den müssen. Die beiden Rotorachsen wurden neu gefertigt und jeweils mit einem Zahnrad versehen, so dass sich beide Rotoren gegenläufig drehen. Sie werden so justiert, dass sie einen Winkel von 90 Grad bilden, wenn einer von beiden in Flugrichtung zeigt. Durch die neu gefertigten Rotorköpfe wird senkrecht zur Achse ein 0,5 mm dicker Stahldraht oberflächennah hindurchgeführt, der in die Rotor-blätter passt. Bei der Drehung der beiden Rotoren ist zu beachten, dass sich der rechte von oben gese-hen im Uhrzeigersinn dreht. Beide Rotoren gehen beim Drehen sehr knapp aneinander vorbei. Beim korrekten Achsenabstand wäre mehr Spielraum.

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Fazit

Abschließender Gesamteindruck des Airmodel-Bausatzes: Gut wiedergegeben ist die Rumpfstruktur hinten (verkleidete Stringer). Wer ein möglichst vorbildgerechtes Modell haben möchte, kann außer dem Rumpf mit der Motorverkleidung nur noch die verkleideten Hauptfahrwerksräder verwenden. Alles andere ist dann Eigenbau nach Auswertung der verfügbaren Fotos.

Gerd Busse

Baubericht zu Blohm &Voss BV 144 in 1/72

Bild1

Original

Für die Zeit nach dem 2. Weltkrieg konzipierte Blohm &Voss ein Verkehrsflugzeug mit zwei BMW 801 und Tragflächen mit verstellbarem Einstellwinkel. Ziel war eine waagerechte Lage des Rumpfes bei Start und Landung, zweifellos angenehm für die vorgesehenen 18 Passagiere. Bei dem Schwenkwinkel von 9 Grad wurden die Motoren und das Hauptfahrwerk um den rohrförmigen Tragflächenholm mitgedreht. Die Konstruktion ermöglichte eine sehr geringe Bodenfreiheit von etwa 65 cm, die nur ein paar Stufen bedingte, so dass das Flugzeug unabhängiger von der Infrastruktur des Flugplatzes war und auch kleinere Plätze benutzen konnte.

Wegen der kriegsbedingt hohen Auslastung wurden Konstruktion und Bau an die Firma Breguet im Werk Anglet bei Bayonne nahe Biarritz in Frankreich vergeben, die aber immer mehr mit Reparaturen deutscher Flugzeuge beauftragt wurde, so dass die BV 144 auf der Prioritätenliste nach unten rutschte. Nach dem Abzug der deutschen Auftraggeber wurde der Prototyp aber zügig fertiggestellt und flog erstmals mit dem Piloten Jean Gonord am 14. März 1946 - natürlich mit französischen Hoheitszeichen- in Toulouse, wobei das Datum im Flugbuch von Jean Gonord nicht gut leserlich und somit etwas unsicher ist [1]. Nachdem beim dritten Flug am 27. Juni 1946 einer der beiden BMW 801 ausfiel, kam es zur Bruchlandung der V1 mit anschließender Verschrottung nach einer Gesamtflugzeit von nur knapp 3 Stunden. Kurz darauf wurde auch die noch nicht ganz fertige V2 verschrottet. Der Artikel von G. Klebeck [3] weist darauf hin, wieviel Unklarheit über das Schicksal der BV 144 tatsächlich besteht.

Schade, denn das Flugzeug war in seinem modernen Design seiner Zeit weit voraus, es würde auch heute noch eine gute Figur machen.

Kurz nach dem Abzug der Deutschen kamen englische Luftfahrtexperten zu Breguet und dokumentierten vor Ort die BV 144 V1. In ihrem Bericht [2] finden sich Fotos, die für den Bau dieses Modells sehr aufschlussreich waren. Weitere Fotos und Information enthält ein vor 20 Jahren erschienener französischer Artikel [1]. Das hier beschriebene Modell wird in der Phase vor dem Erstflug dargestellt, ohne Hoheitszeichen und in dem für Prototypen üblichen Anstrich in RLM 02, der auch in [2] beschrieben wird.

Modell

Aus dem Nachlass von Uli Bischoff erbte G. Busse vor 20 Jahren den Bausatz eines 1/72-Modells der BV 144. Die Teile befanden sich ohne Herstellerhinweis in einer Plastiktüte. Irr-tümlicherweise nahm G. Busse an, dass der Bausatz von Dieter Holzmann stammte. Kürzlich stellte sich aber heraus, dass der geerbte Bausatz baugleich mit dem Prototyp des von Gerhard Klebeck vertriebenen Modells ist [3]. Das nun beschriebene Modell wurde auf der Basis des englischen Berichtes [2] detailliert, wobei die Ruderanlenkungen des aufwändigen Leitwerks nicht ganz zu klären waren.

Rumpf

Der riesige Scheinwerfer unter der Plexiglasnase diente möglicherweise nur als Platzhalter für ein später vorgesehenes Radargerät, z.B. FuG 240 „Berlin“.

Das Bugrad wurde nur halb eingefahren als Schutz bei Bauchlandungen. Der weiße Rand auf dem Reifen signalisiert elektrische Leitfähigkeit, damit das Flugzeug bei der Landung eine etwaige elektrostatische Aufladung ableiten konnte. Der Sporn sollte den Rumpf bei Landungen mit größerem Anstellwinkel schützen.

Die Tragfläche des Modells sollte vorbildgerecht einstellbar sein. Darum wurde ein 5 mm dicker Aluminiumstab als drehbar gelagerter Holm eingezogen, auf den die beiden Tragflächen mit Epoxidharz geklebt wurden, so dass sie sich gemeinsam drehen können. Der Aluminiumstab ist im Rumpfinneren mit Reibungsbremse und Endanschlägen versehen, damit sich die Tragflächen nur bei Bedarf verstellen lassen und nicht spontan. Das bedingt eine ungewöhnliche Reihenfolge der Bauschritte.

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       Im Bug ist viel Blei untergebracht. Der Aluminiumstab quer durch den Rumpf ermöglicht die Verdrehung der beiden gekoppelten Tragflächen.

Die ovalen Fenster wurden aus gutem Transparentmaterial bündig eingepasst. Wegen der großen Wandstärke und des schweren Leitwerks ist viel Blei im Bug erforderlich. Aber hier hätte auch etwas weniger ausgereicht.

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Die elegante Formgebung des Rumpfes erinnert an einen Delfin. Das Design fände auch heute noch Gefallen.

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Das Bugrad des Originals war 780mm x 260 mm groß.

Tragflächen mit Motoren

Die Tragflächen bieten einige Details, deren vorbildgerechte Wiedergabe sich lohnt: Dipol-Antennen des Funkhöhenmessers FuG 101sowie BV-typische Servolenkungspaddel unter beiden Tragflächen für die Entlastung der Querrudersteuerung. Interessanterweise wurden doppelte Schubstangen verwendet, denn die Servokräfte wurden erst in der Ruderanlenkung mit den Steuerkräften zusammengeführt. Die frei gestellten Querruder sind leicht ausgeschlagen dargestellt, das sieht realistischer aus. Die Anlenkungen und Lager wurden gemäß Fotos aus Flach- und Rundmaterial gefertigt.

 

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            Details der Tragflächenbeschläge und ihrer Anordnung. Die beiden paddelartigen Gebilde dienen der mechanischen Entlastung der Querruderkräfte.                                                    Sie wirkt mit zusätzlicher Schubstange direkt auf das Querruder (s. Bild links).

Die BMW 801 entstammen einem Bausatz der Ju 88, aber die Auspuffrohre sind hier teilweise anders angeordnet. Das ist leicht durch Absägen von 5 Rohren und Ankleben an anderer Stelle umzuändern.

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                                        Rückseite des BMW 801 einer Ju 88 nach Entfernen und Umsetzen von 5 Auspuffrohren.

Fahrwerk

Das hohe Gewicht des Modells bedingt ein stabiles Fahrwerk, dessen Abstrebungen und auch weitere Details, z.B. Federbeinscheren, Streben und Bremsleitungen sich glücklicherweise aus den Fotos ergaben. Der metallisch glänzende Bereich des Federbeins ist ein Teil des Stahldrahtes, der vom Fahrwerksschacht direkt bis zur Radaufhängung reicht. Er sorgt für die mechanische Stabilität. Die Abdeckklappe mitsamt den gelochten Versteifungen entstand aus dünnem Aluminiumblech.

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                                                         Linkes Fahrwerksbein mit Streben, Bremsleitung und Befestigungsschellen.

                   Und nun das Fahrwerk mit Rädern. Die Hauptfahrwerksräder waren 1200mm x 420mm groß.

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                                                                                     Linkes Hauptfahrwerk mit Rad und Federbeinschere.

Jetzt werden noch die Fahrwerksklappen angebaut. Den kompletten rechten Flügel zeigt das Foto. Die Alterung ist nur schwach angedeutet, weil das Original kaum Zeit zum Altern hatte.

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                                                                                                      Abdeckklappen der beiden Fahrwerke (oben) und komplettes rechtes Fahrwerk mit Motor, korrigierten                                                                                                       Auspuffrohren und schwachen Abgasstreifen. Die Abdeckklappe war kompliziert abgestrebt.

Leitwerk

Für die Verwendung eines doppelten Seitenleitwerks gab es eventuell zwei gute Gründe: Die Unterbringungsmöglichkeit in Hangars geringer Höhe (ein Argument, das auch zu dem charakteristischen Dreifachleitwerk der Constellation führte), und die direkte Anströmung der Steuerflächen durch den Propellerwind. Das Höhenleitwerk ist kompliziert, weil die verstellbaren Tragflächen eine entsprechende Höhenrudereinstellbarkeit erforderte, die durch geteilte Ruder verwirklicht wurde. Unklar blieben die Ruderbeschläge, also Lager und Anlenkungen. Zwar kann man sich einiges zusammenreimen, aber BV war immer gut für Überraschungen, und darum wurde lieber weglassen, was unklar ist. Vielleicht findet ein Leser bisher unbekannte hilfreiche Fotos? Die Antennenführung ergab sich aus Fotos, Spannfeder und Isolatoren wurden nach üblichem Schema eingefügt.

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                                                 Einzelteile des Leitwerks und ihre Befestigung. Die inneren Höhenruder sind leicht ausgeschlagen.

Farbgebung und Fotos

Auf der bräunlichen PU-Oberfläche ließ sich RLM 02 nur schlecht deckend auftragen. Darum wurde zunächst aluminiumfarbig lackiert und erst anschließend RLM 02 (Gunze). Fotos mit einfarbigem Hintergrund bringen Details gut zur Wirkung und lenken die Aufmerksamkeit auf das Modell.

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Vor dem Poster eines Waldrandes und auf einer startbahnähnlichen Platte wirkt das Modell allerdings noch realistischer, vielleicht noch mit Bremskeilen versehen…

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                           Das rechte Hauptfahrwerk kommt hier besonders gut zur Geltung.       Rechte Tragfläche mit Beschlägen und Anordnung der Auspuffrohre des BMW 801.

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Danksagung

Dieter Holzmann hat mich mit den ersten Originalunterlagen über die BV 144 versorgt. Mein Kollege Prof. Dr. Uli Rist hat mir wieder intensiv bei der Informationsbeschaffung geholfen, die die Detaillierung des Modells erst ermöglichte.

Literatur

[1] Jean Lacroze, „Blohm &Voss 144 - un coucou allemand dans un nid francais“, Le fana de l´ aviation, Sept. 1996, S. 20 - 28

[2] „German activities in the French Aircraft Industry“, Report by C.I.O.S Team Nr 18, C.I.O.S Black List Nr . 25, Aircraft, Combined Intelligence Subcommittee, G-2 Division, Sharf (Rear) APO- 413, H.M. Stationary Office, 1945

 [3] Gerhard Klebeck, „Was wurde aus der Blohm&Voss BV 144?“, Jet&Prop 3/94, S. 7

Horchgerät („Ringtrichter-Richtungshörer“, RRH) und Elaskop (Planet Models MV 118 in 1/72)

Baubericht von Gerd Busse und Thomas Folwarczny

Original

Dass es im 2. Weltkrieg schon Radarortung z.B. zur Erfassung von Bombern bei Nacht gab, ist allgemein bekannt. Es wird aber meistens nicht berücksichtigt, dass dieses aktive Verfahren auch das Radargerät aufgrund seiner ausgesendeten Strahlung verrät. Ein passives Verfahren hat diesen Nachteil nicht.

Für passive Ortung gibt es eine interessante Möglichkeit, die auf dem von Flugzeugmotoren ausgehenden Schall beruht. Der Mensch hat zwei Ohren, die die Richtungserkennung einer Schallquelle aufgrund von Laufzeitdifferenzen erlauben. Die Empfindlichkeit lässt sich ganz massiv steigern, wenn man die Ohren und ihren Abstand künstlich vergrößert. Das ist im Ringtrichter-Richtungshörer (RRH, auch „Elaskop“) verwirklicht, der Flugzeuge in Abständen von bis zu 12 km mit einer Winkelgenauigkeit von 2 Grad orten konnte. Hier waren 4 Schalltrichter so zusammengeschaltet, dass jeweils 2 über einen Schlauch mit den Ohren eines Horchers verbunden waren. Über eine zweiachsige Aufhängung zentrierte jeder der beiden Horcher das Gerät entlang einer Koordinate, so dass es auf die verborgene Schallquelle zeigte. Der dritte Mann am Gerät bediente einen mechanischen Rechner, der die Daten an die Artillerie weitergab. Das RRH zeigte zwar bei Tag und Nacht und weitgehend unabhängig vom Wetter die Richtung des Flugzeugs an, aber nicht seinen Abstand zur Schallquelle. Im Schweizer Luftwaffenmuseum in Dübendorf steht ein RRH, das in etlichen Details beim Bau des hier vorgestellten Modells als Vorbild gedient hat.

Modell

Ein so kleines Modell mit seinen feinen Details herzustellen, ist eine Herausforderung, der sich die tschechische Firma Planet Models dankenswerterweise gestellt hat. Wegen der komplizierten Formgebung und der kleinen zu erwartenden Stückzahl kommt als Werkstoff nur Polyurethan in Frage, wobei die Klebung mit Sekundenkleber oder Epoxidharz erfolgen muss.

Wegen der kleinen Details wurden die Bauteile mit einem feinen Skalpell durch Schaben bearbeitet, bis Oberflächenqualität und Wandstärken stimmten, und dann mit einer feinen Goldschmiedesäge vom „Gussast“ getrennt.

Die im Modell auf der Grundplatte dargestellten liegenden Kabel wurden vorsichtig abgekratzt und nach dem Lackieren durch 0,25 mm dicken Lötdraht dargestellt, der in Reifenschwarz lackiert wurde, um eine Gummiisolierung der Kabel darzustellen. Der dünne Draht hat so wenig Steifigkeit, dass er sich leicht an den Untergrundverlauf anpasst.

Die vier Füße des Gerätes wurden übernommen, aber die Hebel wurden durch besser passende (Eigenbau) ersetzt.

Die Handräder wurden gemäß den Originalmaßen neu gefertigt, auch die Skala, die im Bausatz wesentlich zu klein dargestellt war. Die Schubstange, die von der Skala zum Rahmen führt, wurde aus gerecktem Messingdraht hergestellt. Das gilt auch für die Arretierstange darunter.

Das Modell wurde in gelber Tarnfarbe RLM 79 lackiert (Gunze).

Der Modellbausatz enthält keine Figuren, die drei Sitze blieben also leer, wenn man nicht selbst aktiv würde: Besser vorstellbar und realistischer wird die Funktion des RRH durch den Einbau von drei Figuren. Die beiden Horcher (jeweils am Handrad aktiv) sind für das Schwenken des Gerätes entlang jeweils einer Richtung (vertikal und seitlich) benötigt, die dritte Person wertet die Messungen der beiden Horcher aus und stellt das Ergebnis auf einem mechanischen Analogrechner graphisch dar. Die schnelle Auswertung der Daten unter Einbeziehung von Winkelfunktionen war nämlich vor achtzig Jahren noch eine anspruchsvolle Aufgabe. Die graphische Anzeigeskala ist im Modell vereinfacht dargestellt. Der Einbau der Figuren in das Modell erfordert extreme Sorgfalt und Geduld.

       

Fertiges Modell mit zwei „Horchern“ an den Handrädern und dem unten in der Mitte sitzenden Auswerter vor seinem mechanischen Analogrechner (s. nächstes Bild).

Die Kreisringe über den Köpfen der beiden oben sitzenden Figuren stellen weder Heiligenscheine noch Ringantennen dar: Es handelt sich um die Führungsschienen von tarngefärbten Vorhängen, die Rundumschutz gegen Sicht und auch gegen Witterung bieten sollten. Am Modell wurde dieser Sichtschutz an nur einer Figur umgesetzt, weil sonst zu viele Details verschwunden wären.

       

Details zu den Figuren. Links ist die Ergebnisanzeige zu sehen, die nur die Richtung der Schallquelle anzeigt. Der Horcher im mittleren Bild hat neben dem Handrad auch die Winkelanzeige vor sich. Der teilweise geöffnete Schutzvorhang im rechten Bild erlaubt einen begrenzten Blick nach draußen.

Das Vorhangmaterial wird aus Japanpapier gefertigt, das älteren Flugmodellbauern noch als Spannpapier bekannt ist. Dieses wurde zunächst aufgespannt und dünn in RLM 79 lackiert, dann eine gemäß Originalfoto gefertigte Schablone für das Tarnmuster darauf gelegt und das Papier in RLM 71 lackiert. Um einen Faltenwurf darzustellen, wurde das rechteckig passend geschnittene Papier in einen Kamm geschoben und mit einer Blumenspritze angefeuchtet. Nach 2 Tagen Trockenzeit war das Papier dauerhaft wellig. Es wurde auf einen 0,5 mm dicken Drahtring mit 10 mm Durchmesser punktuell geklebt. Der dabei entstehende Zwischenraum ermöglicht, dass der Vorhang nach oben abnehmbar ist. Außerdem erlaubt er einen Blick in das Innere auf den Horcher vor seinem Handrad.

  

Fazit

Die Wiedergabe der Schalltrichter im Modell ist ein sinnvoller Kompromiss. Wer die Hohlstruktur der vier aufgewickelten Trichter besser nachbilden will, könnte 0,1 mm dickes Messingblech zusammenlöten oder auch 3d-Druck erwägen, der aber eine grobe Oberflächenqualität liefert.

Eine weitere Herausforderung wäre es, die beiden Achsen funktionsfähig zu machen. Dann wäre das Modell leider so sensibel, dass man es weder anfassen noch transportieren könnte. Zugunsten besserer Robustheit wurden also die beweglichen Teile fixiert.

Wer mal etwas Fitzeliges mit völlig andersartigen Herausforderungen bauen will, ist bei diesem Modell richtig, das auch unter den Originalen ein kaum bekannter Exot war. Wenn das Modell nicht so klein wäre, wäre es ein echter Hingucker.

                                                                                                                        

Junkers F 13 W See-Verkehrsflugzeug (Nr. 04213 in 1/72 von Revell):

Baubericht und Detaillierungshinweise

Gerd Busse

Warum baut man ein solches Flugzeugmodell? Es liegt vermutlich am Charme früher Luftfahrzeuge, die erstmals ohne Spanndrähte auskamen, um den Luftwiderstand zu reduzieren. Junkers war in diesem Bereich Pionier, seine unverstrebten und unverspannten Tragflächen bedingten dicke Profile, die gutmütige Flugeigenschaften und damit mehr Sicherheit zur Folge hatten. Zusammen mit der Wellblech-Beplankung ergab sich das typische Aussehen der frühen Junkers-Flugzeuge und auch ihr hervorragendes Image als besonders sichere Verkehrsmittel.

Original

Die 1919 entwickelte sechssitzige F 13 (2 Piloten und 4 Passagiere) war das erste Ganzmetall-Flugzeug der zivilen Luftfahrt mit Erstflug am 25. Juni 1919 in Dessau. Die Seeversion er-möglichte Flüge in entlegene Gebiete ohne Flugplätze, denn jeder größere Fluss oder See hatte nun Anschluss an den Weltluftverkehr.

Vorbild des Modells ist die 1924 gebaute F 13 „Seeschwalbe“ mit der Werknr. 718 und der Kennung D-355, von der es ein sehr gutes Foto gibt (Jet und Prop, Fotoarchiv Band 5, Verlag Heinz Nickel, 66428 Zweibrücken, 1. Auflage, 1995, S. 19, ISBN 3-925480-12-9). Diese Version mit dem großen Seitenleitwerk lässt schon die Junkers Ju 52 ahnen. Viele Details und eine Liste der bei Lufthansa eingesetzten F 13 finden sich in dem auch für Modellbauer sehr hilfreichen Artikel von Günter Ott (Flugzeug, 1988, Heft 2, S. 40-44 und Heft 3, S. 16-18), der die D-355 mit Fahrwerk und mit Schwimmern zeigt. In der Auflistung ist die Typenbe-zeichnung der D-355 mit F 13 f1c angegeben. Auffallend ist in der Liste, dass die D-355 am 6.1. 1926 mit 43 weiteren F 13 von Lufthansa übernommen wurde. Dort blieb die D-355 für zehn Jahre und wurde dann an das RLM abgegeben.

Bei der D-355 fehlt der Bindestrich an den Rumpfseiten. Die Tragflächenoberseite ist im Un-terschied zu der im Bausatz vorgesehenen ganzflächig aluminiumfarbig mit der Kennung auf beiden Tragflächen auf dem Außenflügel im Querruderbereich. Unten war diese F 13 durchgehend schwarz lackiert.

Modell

Der schon etwas betagte Bausatz (die Abziehbilder der Seeversion nennen 1994 als Herstellungsjahr) glänzt nicht durch den Detaillierungsgrad moderner Bausätze. Die Herausforde-rung liegt also auch darin, Einzelheiten nachzubilden, die das Erscheinungsbild des Originals ausmachen. Die beim Modell durchgeführten Detaillierungen werden nun vom Bug zum Heck beschrieben.

Zuvor aber noch eine Anmerkung: Der Schwerpunkt spielt nicht nur bei fliegenden Modellen eine Rolle, sondern z.B. auch bei Plastikmodellen von Bugradflugzeugen. Außerdem aber auch bei Schwimmerflugzeugen, die falsch auf ihren Schwimmern stehen, wenn man nicht beachtet, dass der Schwerpunkt des Originals knapp vor der Schwimmerstufe liegt. Wer das also richtig machen will, sollte rechtzeitig genügend Blei möglichst weit vorne einplanen, also im Motorraum und vorne in den Schwimmern.

Propeller

Der Holzpropeller des Originals wurde aus mehreren Schichten unterschiedlicher Holzarten gefertigt. Das resultierende Streifenmuster war für die Vermessung bei der Fertigung hilfreich, es ist bei praktisch allen F 13 gut zu sehen. Das Foto des Propellers der F 13 im Deut-schen Museum (selber aufgenommen, darum kein Quellenverweis) wurde in ein Abziehbild umgesetzt. Um den Kontrast zu verstärken, wurde die Vorderseite des Propellers vor dem Aufbringen des Abziehbildes glänzend weiß lackiert. Die Rückseite des Propellers war mög-licherweise schwarz lackiert, um irritierende Lichtreflexe zu vermeiden.

Kühler

Auf Fotos ist das ebene Kühlergitter eine sehr markante Struktur, die durch das fein struktu-rierte Spritzgussteil nur unvollkommen wiedergegeben wird. Versuchsweise wurde hier ein selbst gefertigtes Gitter aus gereckten 0,3 mm Drähten eingebaut, die auf den Gewindegängen von M2 Metallschrauben gleichmäßig angeordnet und festgeklebt wurden. Das vorhandene Kunststoffgitter wurde aus dem vorhandenen Teil mit wenig verbleibendem Rahmen heraus-gearbeitet. Dieser Gitterersatz ist sehr aufwändig, das Ergebnis aber deutlich besser, denn man kann durch das Gitter vorbildgerecht hindurchsehen.

Auspuff

Das oben genannte Foto zeigt die linke Seite der D-355. Der markante aufragende Auspuff vieler F 13 („Schornstein“) ist nicht zu sehen und bei diesem Flugzeug offenbar nicht vorhan-den. Das lässt vermuten, dass der Auspuff auf der rechten Seite montiert war, wie auch bei et-lichen anderen Lufthansa-Flugzeugen dieses Typs. Das führte zu einer aufwändigen Foto-Vermessung mit anschließender Neuanfertigung dieses Auspuffs, die wegen der konischen Geometrie des langen Rohres anspruchsvoll ist. Das Problem ließ sich mit einem Gussast lösen, der über einer Kerzenflamme in die Länge gezogen wurde. Dabei war die Dehnung am kalten Ende (wo die Finger den Gussast hielten) geringer und damit auch die Querschnittab-nahme beim Dehnen, sodass nach ein paar Versuchen der gewünschte 21 mm lange konische Stab mit 0,9 mm Durchmesser am einen Ende und 1,5 mm am anderen Ende entstand, der dann noch über der Kerze die richtige Krümmung im Endbereich bekam. Der neue Auspuff erforderte einen entsprechenden Ausschnitt der Motorverkleidung und die Anpassung an den durch die Öffnung sichtbaren Motor. Oben auf der Motorverkleidung wurde die Öffnung für den ursprünglichen Auspuff mit einem passenden Reststück Wellblechmaterial verschlossen. Der Auspuff erhielt zwei Befestigungsschellen, deren Enden in der ausgeschnittenen Öffnung verschwinden.

Kabine

Die Einrichtung der Kabine ist im Bausatz detailliert wiedergegeben, man könnte also die Einstiegstür geöffnet darstellen und das Innenleben sichtbar machen. Dann würde jedoch Staub eindringen, der sich kaum entfernen ließe. Darum wurde die Tür geschlossen dargestellt und außen mit Scharnieren und Türgriff versehen.

Schwimmer

Die zehn Deckel in jedem Schwimmer dienten zur Überprüfung der Dichtigkeit, denn ein Leck hätte zum Eindringen von Wasser und damit zur Gewichtserhöhung geführt. Diese De-ckel erscheinen auf dem Foto etwas heller und wurden daher dunkelgrau (RLM 74) lackiert. Da sie im Bausatz deutlich kleiner graviert sind als auf dem Foto, wurden sie aus 0,1 mm Aluminiumblech kreisförmig mit 2 mm Durchmesser ausgestanzt und auf die Schwimmer ge-klebt. Zwischen den Schwimmern war beim Original eine Diagonalverspannung angebracht, um die Parallelität der Schwimmer auch bei starkem Wellengang zu sichern. Am Modell sind die Spanndrähte mit 140μm Durchmesser Keramikfasern dargestellt.

Tragflächen

Die Tragflächen sind durchgehend in einem Stück dargestellt. Wegen der großen Profildicke sind sie sehr biege- und torsionssteif. Die Tragflächenhinterkanten wurden auf der Innenseite dünn geschabt. Beim Zusammenkleben wurde besonders darauf geachtet, dass trotz der ver-zogenen Spritzgussteile eine saubere Geometrie entstand. Die Hinterkante der Querruder muss in der Draufsicht einen leichten Knick aufweisen, der eigentlich nur dann auffällt, wenn man entlang der Ruder schaut (s. unten rechts). Die Querruder wurden mit einer Rasierklin-gensäge freigestellt und leicht ausgeschlagen dargestellt, das sieht realistischer aus. Sie erhielten Anlenkhebel mit Schubstangen. Der Trittleistenbereich wurde zunächst mit Acryllack braun und anschließend farblos lackiert, dann wurden die „Täler“ mit silberner Wasserfarbe angestrichen. Nach feuchtem Abwischen blieben dann die braunen Leisten auf dem silbrigen Untergrund übrig und sahen aus wie braune Trittleisten. Auf jeden Fall viel besser als ein Abziehbild.

Der Auftritt an der linken Rumpfseite ist wegen der begrenzten Möglichkeiten von Spritz-gussverfahren zu klobig dargestellt. Er wurde aus einem Gussast neu gebaut, der über einer Kerzenflamme auf nur noch 0,3 mm Durchmesser dünngezogen wurde. So passt der neue Auftritt auch besser zu Fotos. Zum Besteigen der F 13 W ist der Auftritt nicht geeignet, des-wegen zeigen Fotos eine kurze Holztreppe, die vom schmalen Ende des linken Schimmers zum Trittbereich auf der linken Tragfläche führte. Diese Vorgabe führte zu einer ungewöhnli-chen Konstruktion, wie ein sehr schiefes Trapez, das manchem Passagier bedenklich vorge-kommen sein mag. Diese Treppe flog natürlich nicht mit, sondern sie wurde für die Passagiere von der Bodenmannschaft an- und abgebaut. Die Bretter für die Treppe des Modells wurden aus einer 0,5 mm dicken Polystyrol-Platte gefertigt und holzbraun lackiert.

Leitwerk

Da die D-355 nicht ein dreieckiges, sondern ein rechteckförmiges Seitenleitwerk besitzt mit aerodynamischer Ruderverlängerung im unteren Bereich, wurde aus Abfallmaterial ein ent-sprechendes Teil neu gefertigt. Unten knapp vor dem Ruder befindet sich ein senkrechter Stab mit Haltevorrichtung, um das Flugzeug besser manövrieren und verankern zu können. Die Höhenflosse wurde mit zwei Streben gegen den Rumpf abgestützt, und zwar etwa neben dem Haltestab. Das Höhenruder wurde ebenfalls nach Fotos neu gestaltet mit abgerundeten Aus-gleichsflächen, die bei nach unten ausgeschlagenem Ruder besonders gut zur Geltung kom-men, gemäß oben genanntem Vorbildfoto. Der Einstellwinkel der Höhenflosse wurde korrigiert: Sie sollte etwa parallel zum Wellblech ausgerichtet sein. Für diese Korrektur wurde vom letzten Stück des Rumpfes oben ein keilförmiges Stück entfernt.

Auf keinem Foto sind an den Tragflächenenden Positionslichter zu sehen. Wahrscheinlich waren Nachtflüge und insbesondere nächtliche Wasserlandungen mit diesem Seeflugzeug noch zu abenteuerlich. Das schwarze Dreieck hinten auf dem Seitenruder (das nach etlichen vergeblichen Malversuchen mit einem Abziehbild dargestellt wurde) gab vermutlich die Lage des Kennlichtes an, mit dem das geparkte Flugzeug bei Nacht gegen Kollision mit anderen Wasserfahrzeugen gesichert werden sollte. Am Modell wurde das Kennlicht an der Hinter-kante in der Mitte des Dreiecks mit einem kleinen Tropfen Kaltleim (Ponal) dargestellt, der transparent auftrocknet. Durch die schwarze Lackierung neben der Lampe wurden störende Reflexe vermieden. Ein weiteres solches Kennlicht war bei der Seeversion der Ju 52 vorne unten in Höhe der Flächenvorderkante angebracht („Dampferlicht“). Es ist anzunehmen, dass auch das Seeflugzeug F 13W aus Sicherheitsgründen so ein Kennlicht besaß.

Abziehbilder

Bei Wellblechoberflächen sind Abziehbilder schlecht verwendbar, weil sie die „Täler“ über-spannen und zu Silberschimmer führen. Das lässt sich nur vermeiden, wenn man keine Abziehbilder verwendet, sondern mit der Sprühpistole arbeitet, also z.B. die Kennung mit einem passend gezoomten Foto ausschneidet und dieses als Schablone für die Airbrusharbeit verwendet. Das erfordert viel Geduld, lohnt sich aber unbedingt. Es lohnt sich auch, schon im Vorfeld darauf zu achten, dass die Kennung keine „schwierigen“ Ziffern wie 6, 8 oder 9 ent-hält, die im Maßstab 1/72 nur sehr mühsam mit dem Skalpell aus der Abdeckfolie herauszuschneiden und beim Lackieren auf der Oberfläche aufzubringen sind. Bei winzigen Strukturen, wie z.B. der Aufschrift „Lufthansa“ und „Seeschwalbe“ am Bug oder auch beim Lufthansa-Kranich am Heck, ist die Airbrush-Technik überfordert. Hier wurden nach Originalfotos auf dem Rechner passende kleine Abziehbilder erzeugt. Der Kreis mitsamt Kranich erwies sich wegen des Silberschimmers als unbrauchbar. Schließlich wurde nur der Kranich mit einer sehr feinen Hautschere als Abziehbild ausgeschnitten und in den Kreis gesetzt, der zuvor mit einem 0,1 mm Edding-Filzstift und einer 6,5 mm Kreisschablone auf dem Seitenruder aufge-zeichnet worden war. So entstand das Lufthansaemblem ohne Silberschimmer.

Detaillierungen

Bei Detaillierungen und Korrekturen stellt sich immer die Frage, wo die persönliche Schmerzgrenze liegt, welche Unzulänglichkeiten man hinnimmt bzw. welchen Aufwand man zu treiben bereit ist, um diese zu beheben. Vor dieser Frage steht man besonders bei den zahlreichen Griffen an der Außenhaut dieses Fliegers. Hier sind dem Spritzguss technische Grenzen gesetzt. Wertet man Fotos aus, so zeigt sich, dass die Griffe am Original deutlich filigraner sind als die im Bausatz. Die Neufertigung ist wegen der Vielzahl eine Herausforderung. Es lohnt sich diese anzunehmen, denn der Unterschied ist deutlich. Die neuen Griffe wurden aus einem 0,4 mm dicken Kunststoffstab sowie 0,3 mm breiten und 0,1 mm dicken gebogenen Aluminiumstreifen neu gefertigt, wobei eine Biegeschablone dafür sorgte, dass alle winzigen gebogenen Alustreifen gleich sind. Der Zusammenbau der Griffe erwies sich als schwierig. Letztlich gelang er nach vielen vergeblichen Anläufen durch Verwendung von Sekundenkleber-Gel. Zu beachten ist, dass die Griffe vorne an der Motorverkleidung nicht so aussehen wie die anderen.

Bei Zusammenbau und Montage der Griffe ist ein beachtlicher Verlust einzuplanen. Hier drängt sich der Verdacht auf, dass es ein schwarzes Loch nicht nur im Zentrum unserer Milchstraße gibt, sondern auch unter dem Basteltisch.

Weitere kleine Strukturen wurden ergänzt: Anschnallgurte, Seitenruderaufhängung und An-lenkungen der Querruder. Vom Antennenmast wurde abschließend eine 70 μm dicke Antenne zur Oberkante der Seitenleitwerksflosse gespannt.

Das fertige Modell wurde in seinem „realistischen“ Umfeld auf der Ablaufbahn oder seinem von einem Lanz gezogenen Transportanhänger dargestellt.

Fazit

Die etwa 320 gebauten F 13 zeigten interessante individuelle Unterschiede, die bei diesem Modell zu vielen Änderungen von Details führten. Das entsprechende Stöbern nach Fotos, das Auswerten und die Umsetzung in Scratchbauteile und die abschließende Sprühschablonenherstellung war die eigentliche und spannende Herausforderung, weil ständig abzuwägen war, welcher Grad an Detailtreue mit vernünftigem Aufwand erreichbar ist. Dabei stellt sich immer wieder die Frage, mit welchem Selbstanspruch man an solche Umbauten bzw. Detaillierungen herangeht, und wie früh man also mit dem erzielten Ergebnis der eigenen Arbeit zufrieden ist.

Danksagung

Zur erfolgreichen Durchführung dieses unerwartet umfangreichen Modellbauvorhabens haben die vielen Gespräche mit meinem Modellbaukollegen Thomas Folwarczny ganz erheblich beigetragen.